Erfolg und Mißerfolg von Alternate Reality Games

Viele, die einmal bei einem Alternate Reality Game teilgenommen haben, verspüren nachher nicht selten Lust, selbst einmal ein ARG auf die Beine zu stellen. Gerade in den USA hat der Bereich der sogenannten Grassroots ARGs mit dazu beigetragen, daß dort der Begriff Alternate Reality Gaming inzwischen bei vielen Mitgliedern der Community so bekannt und beliebt ist, wie nie zuvor. Durch die Alternate Reality Games der großen Schmieden wie 42 Entertainment, den GMD Studios oder auch MindCandy ist das Genre inzwischen sogar auch in den Medien zu einem feststehenden Begriff geworden.

Einen schönen und noch dazu tiefen Einblick in die verschiedenen Elemente, die dabei wichtig sind, hat Elan Lee von 42 Entertainment im letzten Jahr auf der Montréal International Games Summit 2006 (MIGS) gegeben. Dabei ging er anhand der Beispiele von I Love Bees, Hex 168, edoc Laundry, Lost-Experience, Majestic und der Perplex City auf die Möglichkeiten des Pull Marketings ein, die sich bei Alternate Reality Games ergeben und erklärt zudem noch die unterschiedlichen Levels of Involvement, die dabei berücksichtig werden können.


Elan Lee
(Bereitgestellt von speier)

Für den Beitrag sollte man sich gute 45 Minuten Zeit nehmen. Und auch sonst ist es ratsam, sich vorab ausserordentlich gründlich mit der Thematik der Alternte Reality Games auseinander zu setzen. Andernfalls kann es nämlich zu der ungewollten, aber dennoch bereits ebenso gefürchteten Implosion eines ARGs kommen, wenn im Vorfeld die Hausaufgaben nicht ordentlich gemacht wurden.

Wer nach dem Beitrag nun etwas tiefer in eben besagte Thematik eintauchen möchte, der kann sich unter anderem in dem sehr gelungenen, überarbeiteten englischsprachigen Wikipedia-Beitrag zum Begriff Alternate Reality Game einlesen oder aber das Whitepaper der IGDA durcharbeiten.

 

Kreativer Input der Picnic ’06

Monsters Inc. by PixarDas Picnic ’06 geht weiter.

Kreativität und gemeinschaftliches Arbeiten gehen in den Pixar Animation Studios Hand in Hand. Das zeigte Michael B. Johnson in seiner Präsentation „The Creative Process At Pixar Animation Studios“.

Er wies bereits bei seiner Einleitung darauf hin, daß die Story als zentrales Element eines Films das wichtigste überhaupt ist. Sie muß noch vor allen anderen Arbeiten stehen, denn „Telling a story is selling a story“.

Erst wenn die Geschichte vom Story-Department ein erstes Mal in einer Vielzahl von Skizzen zu Papier gebracht wurde (heutzutage auch mittels einer von Pixar entwickelten Software namens Pitch Doctor), beginnt der bei Pixar als „Iterize and Criticize“-Prozeß bekannte nächste Schritt. Hierbei werden Probleme im Ablauf der Story aufgezeigt und Lösungswege und -möglichkeiten besprochen.

Ein Ausschnitt aus dem Pitch Doctor-Schnitt zu „Die Unglaublichen“ verdeutlichte diesen Prozeß. Darin wurde das Flugzeug der Familie plötzlich von ferngesteuerten Raketen beschoßen. Zwar konnte die Familie durch ein von der Tochter erzeugtes Kraftfeld überleben, aber der Pilot des Flugzeugs kam beim Einschlag der Raketen ums Leben. In dieser ursprünglichen Fassung sollte die Szene deutlich machen, über welche Superkräfte die Unglaublichen verfügen, und daß das Leben ohne solche Superkräfte eben auch schnell zuende sein kann. Nach vielen Diskussionen wurde der Pilot kurzerhand ganz aus dem Skript gestrichen, denn allen (auch den Zuschauern) war klar, daß die Unglaublichen über Superkräfte verfügen, die nicht noch durch das Ableben eines „Normalsterblichen“ in den Vordergrund gestellt werden müssen.

Der gesamte Prozeß ist von der Story abhängig, die erzählt werden soll, wobei sich die beste Idee durchsetzt. Leider reichte die Zeit nicht ganz, sodaß der Beitrag pünktlich für den nächsten Redner unterbrochen werden mußte.

In der folgenden Stunde sprach unter anderem Gary Carter (Chief Creative Officer, FMX, FreemantleMedia) darüber, daß es in unserer heutigen Zeit nicht um die Fragen „Was wird es kosten?“ oder „Wer wird es bezahlen?“ geht, sondern eher um die Frage „Was machen wir daraus?“. Basierend auf der Festestellung, daß das Fernsehen genauso tot ist wie Reality Shows, ergibt sich im Zusammenhang mit diesen Fragen der einzige Schluß, daß der Content die Zukunft regiert.

Minority ReportNeben Carter hatte auch John Underkoffler (Chief Scientist, Treadle & Loam) einen Teil dieser Stunde Zeit für seinen Vortrag. Er vermittelte einige tiefe Einblicke in die heutigen Möglichkeiten neue Welten zu erschaffen. Am Beispiel von Minority Report zeigte er an Beispielen, wie mithilfe von einigen wenigen Elementen unserer realen Welt durch die Entwicklung neuer Elemente genau dies bewerkstelligt wurde.

Im Gegensatz zu Michael B. Johnson stellte Underkoffler jedoch die Story für den Prozeß der Entwicklung dieser neuen Welten völlig in den Hintergrund. Sicher kommt es hierbei aber auf den Zweck an, der mit dieser neu geschaffenen Welt verfolgt werden soll. Bei Minority Report war es jedenfalls so, daß tatsächlich bereits eine Story vorhanden war, als er und sein Team die Ausarbeitungen für die neue Welt aufnahmen, denn Minority Report beruht auf der gleichnamigen Kurzgeschichte von Philip K. Dick aus dem Jahr 1956.

Nach einer kurzen Kaffepause gab es eine Diskussionsrunde zwischen Dan Gillmor (Center for Citizen Media), Craig Newmark (Gründer und CSR von Craigslist) sowie Marc Canter (Gründer und CEO von Broadband Mechanics, Gründer von People Aggregator und Mitbegründer von Macromedia). Dan Gillmor vertritt die Hauptaussage „Die eigentliche Zielgruppe wird immer mehr zu einem grundlegenden Bestandteil des journalistischen Ecosystems.“ Die Diskussion führte dann jedoch eher dazu, wie stark eine Vernetzung der Social Networking Systeme untereinander zu bewerkstelligen ist oder was eben noch nicht funktioniert.

talpa.tvJohn de Mol (Gründer von Talpa) stellte in seinem Beitrag nach der Mittagspause heraus, wie durch Kreativität beeinflußt eine dynamische Partnerschaft zwischen Content-Anbietern, Werbern, Kreativ-Agenturen und den Endkunden ausschauen kann. Seine Schöpfung Talpa.tv ist der erste Schritt in diese Richtung.

Anschließend lieferte Linda Stone (Consultant, Microsoft Corporation) einige anregende Gedanken in ihrem Vortrag „The Real Aphrodisiac“, indem sie die „always on“ – Technologien der vergangenen 20 Jahre beleuchtete.

Im zweiten großen Themenbereich des Nachmittags ging es um die virtuellen Welten, die immer mehr Menschen aus allen Altersklassen in ihren Bann ziehen. Den Anfang machte Philip Rosedale (Gründer von Linden Lab/Second Life) der über die faszinierenden Möglichkeiten in der Welt von „Second Life“ berichtete. Unter anderem zeigte er, wie einige Spieler mit ihrem „zweiten Leben“ sogar richtig Geld verdienen, indem sie Kleidung, Schmuck oder andere Gegenstände entwickeln, die sich wiederum andere Spieler für ihr „zweites Leben“ kaufen können. Einige „Designer“ sind damit so erfolgreich, daß sie nach eigener Aussage 1000 $ in der Woche und mehr verdienen.

Eccky ist ebenfalls eine Möglichkeit, ein wenig tiefer ins virtuelle Leben einzusteigen. Dabei schließen sich zwei Leute zusammen und können gemeinsam ein Kind aufziehen. Je älter dieses Kind wird, desto mehr Aktionen stehen dabei zur Verfügung und desto besser wird die Kommunikation mit dem kleinen Gör. Allerdings verfolgt Eccky keine finanziell bereichernden Ziele. Vorgestellt wurde Eccky von Yme Bosma (Business Manager Eccky, Media Republic).

Dem gegenüber steht da schon eher wieder das Habbo Hotel. Hier kann man sich ähnlich wie bei „Second Life“ ein Zimmer kaufen und dieses mit Gegenständen, Dekoartikeln und einfach Sachen zum Wohlfühlen ausstatten und halt Geld ausgeben. Die Grafik des Habbo Hotels ähnelt dabei jedoch den frühen 3D Versuchen und ist der Retro-Ära entsprungen, was dem Spiel nicht nur einen niedlichen Touch verleiht sondern auch das Durchschnittsalter der Spieler auf 15 herabsenkt. Die Präsentation von Habbo Hotel wurde von Sampo Karjalainen (Chief Creative Officer, Sulake) vorgenommen.

Second Life Eccky Habbo Hotel

Picnic ’06 eröffnet

Picnic '06Heute hat in Amsterdam die Picnic ’06 ihre Pforten zu einer dreitägigen Cross Media Conference geöffnet.

Zwar gab es ganz zu Beginn der CMC noch einige Probleme, weil zunächst die Teilnehmerlisten nicht abrufbar waren und sich so niemand außer den Sprechern wirklich anmelden konnte, aber am Nachmittag war dieses Problem behoben und jeder bekam seinen Badge um auch zu den wichtigen Diskussionsforen Einlass zu bekommen.

Um 10 Uhr begann die erste Veranstaltung. In einer kleinen, gemütlichen, rund 70 Leute fassenden, Kinosaal-ähnlichen Räumlichkeit versammelten sich mehrere Hand voll Zuhörer, um den akademischen Ausarbeitungen der IGDA SIG Gruppe in deren Whitepaper zum Thema Alternate Reality Games zu lauschen.

Nach einer kurzen Ansprache durch Adam Martin übernahm Brooke Thompson den ersten Teil der Vorstellung und stand den Fragen der Zuhörer anschließend mit einer Vielzahl an Beispielen Rede und Antwort. Im zweiten Teil dieser Veranstaltung gab es einen Ausblick auf die leider nicht rechtzeitig in gedruckter Form vorliegenden Whitepaper, sowie eine Diskussionsrunde, in der einige Gesichtspunkte von Alternate Reality Games genauer beleuchtet wurden.

Am Nachmittag fand dann eine Podiumsdiskussion zum Thema Digital Cities statt. Hauptdiskussionspunkte und gleichzeitig auch Kritikpunkte dieser Veranstaltung waren unter anderem die immer noch viel zu geringe Bandbreite, die schleppende Verbreitung von freien Wireless Lan Netzen und die auf uns zukommende Veränderung unseres Alltags, durch die neuen technischen Möglichkeiten.

Picnic '06Im Zusammenhang der Picnic ’06 gab es übrigens ein erstes ARGonautentreffen. Imbri, SpaceBass und Giskard sind nämlich ebenfalls auf der CMC und am Freitag Abend werden wahrscheinlich auch Nola und Kender mit uns zusammen in Amsterdam einfallen.

Für ein ordentliches Picnic empfehle ich auf jeden Fall eine Decke einzupacken 😉

Digital Communities 2006 Conference

Am kommenden Donnerstag, 29. Juni 2006, wird in Bristol (UK) die Digital Communities Conference stattfinden. Jonathan Waite hat bereits einige Informationen aus erster Hand dazu und berichtet darüber auf ARGN .

Insbesondere zum Gaming-Bereich der Konferenz hat Clare Reddington, eine der Hauptverantwortlichen der Veranstaltung, ARGN einige Vorabinfos geliefert:

„Breitbandanschlüsse, Handys und auch der Vorstoss von Wireless Lan haben dazu beigetragen, dass eine Verschiebung der Spielewelt vom einsamen Spielerdasein auf der Couch hin zu einem Multi-Player, Multi-Media und Community-gestützten Spiele-Erlebnis wird. Von Googles Da Vinci Code Quest zum Labyrinth verschiedener Foren, gefakter Websites und zusätzlichem Content der dazu beiträgt, hinter das Mysterium der Serie LOST zu blicken, nimmt die Anzahl der gehobenen Marketing Kampagnen mehr und mehr zu, die immer häufiger die Grenzen zwischen Gaming, den Medien und dem realen Leben verwischen. Die Tagung ergründet wie die jüngste Schöpfung des Gaming Phänomens eine immer breiter werdende Masse anspricht und so virtuelle Gemeinschaften entstehen, die zusammen ihr Wissen teilen, ihre Ressourcen bündeln und so auch neue Märkte eröffnen.“

Einige Sprecher der Tagung (All In The Game) sind unter anderem Hugh Hancock, Chief Executive der Strange Company (Machinima Production Company), Maurice Wheeler von Digital Outlook (XBox 360) und auch Dan Hon, Chief Operating Officer einer kleinen Kreativschmiede von der wir alle bereits ein oder zweimal gehört haben – Mind Candy . Für alle, die noch nicht so lange mit Alternate Reality Gaming zu tun haben: Mind Candy ist die Firma, die hinter dem Perplex City ARG steckt, über das bereits öfter auf ARGN und hier auf patmo berichtet wurde und über das sicherlich auch noch einige spannende Berichte auf der Jagd nach dem Receda Cube zu erwarten sind.

Für alle, die an der Digital Communities 2006 Conference teilnehmen möchten hat ARGN einen kleinen Bonus aushandeln können. Für ARGN Leser gibt es einen Nachlass auf den Ticketpreis von 10%, sodass die Tickets dann 89£ Pfund kosten. Wer also noch schnell ein Ticket erwerben möchte, kann auf ARGN nachlesen, wie man den Bonus erhält.